Zahlreiche Drahtziehbetriebe sind in Altena verschwunden, Finkernagel hingegen will dort weiter wachsen und nimmt in diesen Wochen eine neue Produktionshalle in Betrieb. Das ist gut für die Kleinstadt am Rande des Sauerlands.
Altena. Anfang und Ende zweier Drahtringe schweißt Christian Güldner sauber zusammen – und startet die Drahtziehmaschine. Mit drei Metern pro Sekunde saust der Draht durch den Ziehstein und verringert dabei seinen Durchmesser um einen halben Millimeter. Güldner macht den Job beim Altenaer Drahtwerk Fritz Finkernagel seit zehn Jahren und ist stolz auf seine Berufserfahrung: „Ob etwas mit dem Draht nicht stimmt, höre ich am Klang. So wie ein Musiker eine verstimmte Saite seiner Gitarre erkennt.“
Während zahlreiche Wettbewerber am Standort verschwunden sind, will das Familienunternehmen Finkernagel weiter wachsen. Das ist gut für die Kleinstadt am Rande des Sauerlands. Der Strukturwandel hat dort, ähnlich wie im Ruhrgebiet, tiefe Spuren hinterlassen: Seit den 60er Jahren hat sich die Einwohnerzahl auf 17.500 fast halbiert. In der „Stadt des Drahts“ gibt es heute weniger als zehn Drahtziehbetriebe. Ursprünglich waren es mal über 100 Betriebe.
Finkernagel investiert hingegen. Baut genau an dem Standort, der erstmals 1736 urkundlich als „Pastors Rolle“ erwähnt wurde (man zahlte Pacht an den Kirchenkreis Iserlohn), für einen siebenstelligen Betrag ein neues Gebäude mit 4.000 Quadratmeter Produktionsfläche. Im Februar soll es fertig sein. Der technische Leiter Uwe Packruhn nennt die Gründe für die Investition: „Wir wollen unsere beiden Standbeine, Drahtwerk und Umformwerkzeuge für Draht, ausbauen.“
Vor allen Dingen die Sparte Umformwerkzeuge soll mit dem neuen Produktionsgebäude erweitert werden. Hier arbeiten bisher 20 der insgesamt 90 Beschäftigten. Sie trägt zum Gesamtumsatz von 31 Millionen Euro bislang nur 8 Prozent bei. Das soll sich ändern. Denn, so Packruhn, wer Kompetenz in Sachen Draht habe, könne auch hervorragende Werkzeuge für die Weiterverarbeiter produzieren.
Die stauchen und pressen aus dem gezogenen und beschichteten Draht aus Altena vor allem Autoteile. In jedem Pkw stecken zwischen 80 und 100 Kilogramm Draht – etwa in Form von Ventilen und Buchsen fürs ABS, in Fahrwerkfedern und der Steuerkette des Motors. Großer Abnehmer ist auch die Bau-Industrie (Schrauben, Nieten und Spezialnägel). Aus dem Rest werden Bolzen, die die einzelnen Glieder von Fahrrad- oder Motorsägenketten zusammenhalten.
Nicht auszudenken, wenn ein Bolzen bricht! Das ist der Grund, warum Metaller Christian Güldner den Draht beim Ziehen so genau beobachtet. Überwacht wird die Produktion auch mit Wirbelstrom. Der fließt nur dann sauber, wenn die Drahtoberfläche in Ordnung ist.
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